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  Katie (Cadi)
 


"Sie müssen sich beeilen, das Tierheim schließt um 17:00 Uhr!"

Also noch ganze 10 Minuten, aber sie wissen ja was sie wollen. Der Siedlungsneger und seine Frau waren im Internet auf 'Stella' gestoßen – eine Rottweilerin. Vier Jahre jung, hübsch und gut gebaut und angeblich sehr lieb. Sie wollten sie wenigstens mal in echt sehen. Mehr war heute nicht mehr zu machen.

Der Stau auf der Autobahn beim Flughafen Frankfurt hatte ihr Programm erheblich verkürzt. Im letzten Zwingertrakt hinten links solle sie sitzen. Also eilten sie durch die Gänge. Vorbei an all den Verwaisten und Unglücklichen. Fast alle in Einzelhaft. Sie kläfften und bellten oder lagen zusammengerollt und stumm in einer Ecke.

Doch wo war Stella? Weit konnte es nicht mehr sein. Und da stand sie am Gitter! Kerzengrade strecke sie die Vorderbeine so hoch wie sie nur konnte. Welch ein schöner Hund! Und welch ein großer! Er bellte nicht, er knurrte nicht, er sprach! Es war eine fremde, brummelige Sprache, - aber der Siedlungsneger verstand das Brummeln. „Nimm mich! Nimm mich!“ brummelte die Bettlerin
– und der Siedlungsneger nahm sie!

Stella wird von all dem nichts erfahren haben und der Siedlungsneger wird nie erfahren, ob sie wirklich so hübsch, gut gebaut und lieb ist. Eine andere hat sich ihr in den Weg gestellt. Jünger, hübscher und lieber. Woher der Siedlungsneger das wusste, steht in den Sternen der Liebe.

Die große Hündin ist noch ein Welpe, ein schon pubertierender Welpe. Zehn Monate alt und schon größer als sein stattlicher, vor drei Wochen verblichener treuer Freund Rosko. Ein Kangal-Welpe der einmal groß und stark werden will wie seine Verwandtschaft im anatolischen Hochland. Von Wölfen braucht er sich hier nicht zu ernähren. Ihm wird Lamm in Aspik serviert. Die Verwandtschaft soll das besser nicht erfahren, sind Lämmer doch ihnen anvertraute Schützlinge, die sie mit ihrem Leben verteidigen, wenn es sein muss.

Katis Leben im Abendland macht die liebe Verwandtschaft schon in anderer Hinsicht ratlos. Sie nennen den vom Siedlungsneger gewählten Namen eine Verballhornung. Sie machen darauf aufmerksam, dass 'Kati' als Kurzform von 'Katharina' zum einen aus dem Griechischen hergeleitet ist und zum anderen, und das wird als noch schlimmer empfunden, bedeutet es so viel wie 'die Reine' oder 'die Aufrichtige'. Sie wollen nicht verstehen, warum der Siedlungsneger am eigentlichen türkischen Taufnamen 'Cadi' keinen Gefallen finden kann. Schließlich bedeute er ins Deutsche übersetzt soviel wie 'Hexe', was ihrem Wesen weit besser entsprechen würde.


Wiesbaden, im Mai 2011



 
  Die Meinung des Siedlungsnegers ist nicht immer die des Autors!  
 
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